Die staatsrechtliche Rechtsprechung des Bundesgerichts in den Jahren 2011 und 2012
Die Autoren und die Autorin sind Mitglieder des Departements für öffentliches Recht der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bern. Sie haben die Besprechung der bundesgerichtlichen Urteile aus den Jahren 2011 und 2012 untereinander aufgeteilt; angestrebt wird eine Konzentration auf die wichtigsten Entscheide, insbesondere zu Grundsatzfragen.
Die Beiträge sind mit den Namen des jeweiligen Autors bzw. der Autorin gekennzeichnet.*
Inhaltsübersicht
- I. Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns (Axel Tschentscher)
- II. Allgemeine Grundrechtslehren (Jörg Künzli)
- III. Rechtsgleichheit und Willkürverbot (Walter Kälin)
- IV. Grundrechte des Persönlichkeitsschutzes (Axel
Tschentscher)
- 1. Persönliche Freiheit
- 1.1 Verbot des Nacktwanderns (öffentliche Sittlichkeit)
Aus der ZeitschriftZBJV 10/2012 | S. 673–757 Es folgt Seite № 674
- 1.2 Bewegungsfreiheit – Privates Festhalterecht
- 1.1 Verbot des Nacktwanderns (öffentliche Sittlichkeit)
- 2. Privatsphäre – Observation auf dem Balkon
- 3. Informationelle Selbstbestimmung
- 4. Recht auf Ehe – Lex Brunner
- 5. Familienleben
- 6. Grundschulunterricht
- 1. Persönliche Freiheit
- V. Glaubens- und Gewissensfreiheit (Axel Tschentscher)
- VI. Kommunikationsgrundrechte (Axel Tschentscher)
- VII. Eigentumsgarantie und Wirtschaftsfreiheit (Andreas
Lienhard)
- 1. Eigentumsgarantie
- 2. Wirtschaftsfreiheit
- 2.1 Zulässigkeit eines «Assessments»/Normdichte für Grundrechtseingriff
- 2.2 Praxisänderung zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit nach KVG
- 2.3 Zugangs- und Aufschaltverpflichtung nach Art. 60 RTVG
- 2.4 Strafrechtliche Einziehung von Prostituiertenlohn
- 2.5 Heilmittelabgabe durch Ärzte im Kanton Zürich
- 2.6 Entzug der Unterrichtsberechtigung rechtmässig
- 2.7 Verwendung von Pfand- und Mehrweggeschirr
- 2.8 Standortplanung Mobilfunkantennen
- 2.9 Binnenmarktrecht
Aus der ZeitschriftZBJV 10/2012 | S. 673–757 Es folgt Seite № 675
- VIII. Andere verfassungsmässige Rechte (Pierre Tschannen)
- IX. Staatsverträge und Konkordate (Jörg Künzli)
- X. Verfahrensgarantien (Judith Wyttenbach)
I. Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns (Axel Tschentscher)
1. Legalitätsprinzip
Im UBS-FINMA-Entscheid (BGE 137 II 431) hatte das Bundesgericht Gelegenheit, sich ausführlich zum Legalitätsprinzip und seinen Relativierungen zu äussern. Die FINMA hatte in zwei Fällen Bankkundendaten der UBS an die US-amerikanische Justizbehörde ausgeliefert. Sie war dabei einer Aufforderung des Bundesrats gefolgt, ohne dass eine passende gesetzliche Ermächtigung ersichtlich gewesen wäre. Die Brisanz des Falles wird daran ersichtlich, dass sich die Geschäftsprüfungskommissionen von National- und Ständerat mit der Aus der ZeitschriftZBJV 10/2012 | S. 673–757 Es folgt Seite № 676Angelegenheit befasst haben.1 In der Literatur wird in dem Kontext bereits nach dem «Ende des Rechts» gefragt.2
Das Bundesgericht misst die Weitergabe der Bankkundendaten durch die Finanzaufsicht unmittelbar am Amtsgeheimnis, das mittelbar auch das Bankkundengeheimnis…