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Aus der Zeitschriftrecht 6/2008 | S. 227–236Es folgt Seite №227

Der Einfluss europäischen Rechts auf die schweizerische Rechtsprechung im Vertragsrecht1

Die Rechtsordnung ist nationalstaatlich. Die internationalen Beziehungen nicht nur unter den Staaten, auch zwischen Privaten unterschiedlicher Nationalitäten werden jedoch stetig enger und verflochtener. Die Annäherung der nationalen Rechtsordnungen erleichtert nicht nur die zuweilen international-privatrechtlich erforderliche Anwendung ausländischen Rechts, sondern erlaubt auch im Prozess der Rechtsfortbildung das Streben nach optimalen Regelungen. Hier ist im europäischen Raum eine faszinierende Entwicklung zur Angleichung und Weiterbildung der tradierten Privatrechtsordnungen festzustellen. Die schweizerische Justiz ist besonders im Bereich der Wirtschafts- und Vertragspraxis mit dieser Entwicklung konfrontiert. Im Beitrag wird die unterschiedliche Art der Berücksichtigung «europäischer» Normen in der Rechtsprechung des Bundesgerichts an vier Beispielen dargestellt.

I. Einleitung

1. Die Schweiz ist mit den Staaten der Europäischen Union (EU) in unterschiedlicher Weise verbunden. Multilaterale oder bilaterale Staatsverträge2 enthalten vielfach Normen, auf die sich Private berufen können und die von den rechtsanwendenden Behörden direkt anzuwenden sind. Andere staatsvertragliche Normen sind nur indirekt anwendbar, aber verpflichten den schweizerischen Gesetzgeber,…

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